Unterwegs überm Tellerand
Spiele statt Whiteboards
Ich bin User Experience Designerin bei mehrwert und habe am 20. und 21. August meine Whiteboards verlassen und stattdessen die Gamedeveloper-Konferenzen Devcom und Respawn hier in Köln besucht.
Mehrwert macht zwar keine Games und ich bin auch keine Developerin- aber ich möchte meinen Fokus erweitern. Abgesehen von meiner Leidenschaft für VR und AR-Anwendungen sowie Spielen im öffentlichen Raum ist es bei mehrwert selbstverständlich, dass die Kolleginnen und Kollegen sich in neue Bereiche einarbeiten können und nicht auf ihre fachliche Spezialisierung festgelegt werden. Ausserdem inspirieren Konferenzen, öffnen den Blick auf neue Themenbereiche und fachfremde oder auch facheigene Talks anzuhören hilft der eigenen Kreativität gehörig auf die Sprünge.
Ich konnte mir also die Konferenz, die noch dazu direkt um die Ecke statt fand, nicht entgehen lassen. Somit nutzte ich die Gelegenheit, hängte mich an meinen Freund von dem Indiegame-Studio Causa Creations und begleitete ihn zur devcom/ Respawn 2017.
Einblicke in die Gamesbranche
Auf der devcom bekam einen tieferen Einblick in eine Branche , die unserem Teil der Digitalbranche durch die hohe technische Qualität und die im Mittelpunkt stehenden Nutzer*innen so ähnlich ist und sich dennoch in vielen Bereichen stark unterscheidet.
Talks zum Thema »UX-Design in Games« oder »Voice gesteuerte Anwendungen« sind zudem auch gut generalisierbar, viele der Ergebnisse und Erkenntnisse passen auch für die Webentwicklung und andere digitale Bereiche. Gespräche mit verschiedenen Indie-Game Studios, aber auch großen Unternehmen wie Ubisoft ermöglichten mir einen spannenden Einblick in den Markt bezüglich technischer Entwicklungen, neuen Spielkonzepten, aber auch der finanziellen Situation und Zukunftsausblicken.
Natürlich ließ auch die Chance, in den Räumen der Respawn den Konferenzbesucher*innen beim Testen von kurz vor dem Launch stehenden Spielen zusehen zu können, mein UX-Herz höher schlagen.
Die Devcom hatte ihre Stärken – aber auch ihre Schwächen.
Ich möchte besonders die Themenvielfalt der Vorträge und gezeigten Spiele hervorheben. Von Vorträgen über Spieleentwicklung über Beiträge zum Sound-/ UI- und UX-Design in der Spielebranche als auch zur Vorstellung expliziter Softwarelösungen war vieles dabei. Die Vorträge zur Problematik der »Motion Sickness« in Virtual Reality Games haben auch bei mehrwert wieder Impulse für kleine interne Veranstaltungen und Projekte gesetzt und wurden kurz darauf von einem VR-Abend durch meinen Kollegen Christoph Kiel ergänzt.
Leider gingen viele der Vorträge für mich nicht tief genug in die Materie.
Es gab viele spannende Ansätze – aber insbesondere im Bereich UX- und Interface- Design hätte ich mir Vorträge gewünscht, die auch ein versierteres Publikum ansprechen und intensiver in die thematische Tiefe gehen als nur an der Oberfläche zu kratzen. Zudem wurde manches Mal die Zielgruppe der Talks vergessen – bei einer derartig spezialisierten Konferenz mit einem solchen Fachpublikum sollten die Speaker mehr leisten. als mittelmäßig gestaltete Powerpoint-Slides vorzutragen.
Neue Leidenschaften und spannende Zukunftsaussichten
Die devcom brachte mir neue Kontakte und einige Erkenntnisse über bisher von mir nur bedingt betrachtete UX- Bereiche:
Voice gesteuerte Interfaces finde ich zum Beispiel deutlich spannender als bisher gedacht, insbesondere wenn der Fokus nicht mehr auf reinen Internet of Things-Anwendungsbereichen liegt. Auf der devcom wurde die Technik zum Beispiel zur Steuerung von Spielen vorgestellt. Da liegt der Gedanke nah, sich über weitere Anwendungsbereiche Gedanken zu machen – zum Beispiel im Bereich der Toolentwicklung für mehr Barrierearmut.
Mein Blick auf die Gamesbranche wurde wieder deutlich erweitert: Insbesondere Spiele für besondere Anwendungszwecke und diverse Serious Games hinterließen einen tieferen Eindruck bei mir und regten zum Nachdenken an.
Vorgestellt wurden zum Beispiel auch Spiele, die aus den unbeantworteten Liebeskummer-Fragen ihres Entwicklers entstanden und sich mit den goßen Fragen der Liebe beschäftigen. Es gab einen Talk zu der Frage, wie es möglich ist, sich als Spielestudio im Schnittbereich von Kunst und Gameentwicklung zu finanzieren.
In Erinnerung blieb mir aber insbesondere ein Spiel, das in Therapien sexuell missbrauchter Kinder zum Einsatz kommt und somit sehr stark aus dem Anwendungsbereich »herkömmlicher« Spiele herausfällt.
Einige Tage nach der devcom stellt sich mir allerdings die Frage, warum die verschiedenen digitalen Bereiche so weit voneinander entfernt liegen und so stark voneinander getrennt sind.
Spätestens seit der devcom habe ich noch mehr Lust, mehr spielerische Ansätze im Web auszuarbeiten oder die Bandbreite der Geräte, für die üblicherweise entwickelt wird, weiter zu vergrößern. Wir werden sehen, wo die Reise hingeht.